Thora Peter-Stahl
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Spiritualität

Die Schöpfung ist noch nicht abgeschlossen, es gibt da noch die Evolution. Die Evolution ist ein Teilaspekt der Schöpfung. Durch die Kraft der Evolution dauert die Schöpfung permanent an. Auf der biologischen Ebene mag die Schöpfung einen Endpunkt gefunden haben, einen Stillstand. Sicher sterben weiterhin Arten aus, andere verändern sich durch Anpassung und Mutation. Aber in den Prinzipien gibt es keine Veränderungen. Der Mensch selbst ist jetzt in der Lage die Schöpfung zu erweitern und mit der Gen-Technik völlig neue Arten von Lebewesen zu erschaffen. Auf der biologischen Ebene ist die gottgegebene Schöpfung "fertig".

Der Mensch ist die Krone der Schöpfung? Nein, der Mensch ist das allerunfertigste Lebewesen auf diesem Planeten.

In der Biologie ist der Mensch einfach ein Säugetier. In der Soziologie hat er Verhaltensweisen, die in der gesamten Tier- und Pflanzenwelt vorkommen. Der gesamte Genpool des Lebens speist das Verhalten des Menschen: Erhaltung der Art, Nestbau, Revierverteidigung, Nahrungsbeschaffung usw. Typisch menschlich? Da gibt es lediglich Ansätze. Friedlich miteinander leben, in Toleranz und Gleichberechtigung? Freiheit Gleichheit, Brüderlichkeit? Für alle?

Was ist typisch menschlich? Die Sprache? Nein, Tiere und Pflanzen haben auch eine Sprache, eine andere zwar als die menschliche, aber eine genauso gut funktionierende. Viele Menschen können mit den Tieren und Pflanzen kommunizieren, weil sie die Sprache der Mitgeschöpfe verstehen. Ist das typisch Menschliche der Gebrauch von Werkzeugen? Nein, auch Tiere benutzen Werkzeuge. Die Musik? Nein, auch Affen schlagen Hölzer aneinander und erfreuen sich am Klang. Sind es die so genannten Kulturleistungen, wie z. B. das Bestatten der Verstorbenen? Nein, auch die Elefanten bringen die Gebeine der verstorbene Gruppenmitglieder an einen besonderen Platz. Dann ist es sicher das Denken? Nein, auch das nicht. Auch Tiere können denken, nicht so spezialisiert wie Menschen. Aber jede Art der Lebewesen hat ja ihre besondern Fähigkeiten. Die Menschen-Tiere können, aufgrund der Größe ihres Cortex besonders gut denken, wenn sie ihr Gehirn benutzen würden. Nicht einmal die Kreativität – und damit die Kunst – ist typisch menschlich, die Kreativität ist lediglich befreit aus dem Gefängnis des triebgesteuerten Verhaltens, und damit ist sie frei anzuwenden, losgelöst von Sinn und Zweck. Wir nennen diesen Ausdruck der befreiten Kreativität Kunst.

Da der Mensch weitgehend nicht mehr triebgesteuert ist, hat er die Chance zur Veränderung. Er kann Erkenntnisse sammeln, er kann seine Einstellungen, sein Verhalten ändern und weise werden. Ein Huhn bleibt bis zum Lebensende ein Huhn mit immer dem gleichen Verhalten .

Sobald das Gefängnis der Triebe sich gelockert hatte, begann der Mensch die Möglichkeit zur Veränderung an sich selbst anzuwenden. Er begann sich zu schminken, sich mit Farben, mit Steinen und Federn zu schmücken, sich Frisuren zu erfinden.

Das eigentlich Menschliche konnte auftauchen. Das eigentlich Menschliche ist die Spiritualität. Wie ein Trieb eingepflanzt in den Menschen ist die Spiritualität jedem Menschen eine Notwendigkeit, ein Grundbedürfnis.

Allein die Spiritualität unterscheidet den Menschen von allen andern Lebewesen, die unsere Erde bevölkern.

Der Mensch steht ganz, ganz am Anfang seiner Entwicklung zum Menschsein. Hier ist die Schöpfung absolut noch nicht abgeschlossen.

Wenn wir uns Gott als Pan-Generator denken, hat er den Menschen genau an der Schwelle zum Menschsein (scheinbar) allein gelassen - er hat ihn aus dem Paradies herausgeworfen, dem Paradies des ausschließlich triebgesteuerten Verhaltens, dem Paradies des vollkommenen Eingebundenseins in den großen Kontext der Naturgesetze, damit aus dem Paradies der nicht vorhandenen Eigenverantwortlichkeit.

Den Weg, den die Kraft, der Zwang, die Forderung, der Trieb der Spiritualität den Menschen zwingt zu gehen, den muss er ganz allein gehen. Er kann diesen Weg freiwillig gehen, dann wird er dem Menschsein näher kommen, er kann sich der Spiritualität verweigern, dann wird ihn die Kraft, das im Menschen immanente Prinzip der Spiritualität, sich Bahnen suchen, die sich mit tierischen Verhaltensweisen überlagern und perverse Auswüchse entstehen lassen: Menschen, die sich zu Göttern deklarieren lassen und sich anbeten lassen, oder, wie speziell in der heutigen Zeit, das Geld wird zum Gott erhoben oder alles mögliche andere, was sich Menschen ausdenken können.

Tiere besitzen keine Spiritualität. Spiritualität ist die Sehnsucht nach Gott, ist die Ahnung von der Existenz des Geistigen, ist der Wunsch, dem Himmel näher zu kommen. Sobald die Spiritualität sich im Menschen bemerkbar macht, spürt der Mensch den Schmerz des Alleinseins, der Verlassenheit, der Isolation, den Schmerz des auf sich allein Angewiesenseins. Der Mensch fühlt sich getrennt von der Schöpfung. Manche Menschen begeben sich aus diesem Schmerz heraus auf die Suche nach dem heiligen Gral, andere unterdrücken den Schmerz und erheben sich selbst in den Stand von Göttern.

Die Spiritualität ist der Motor, der den Menschen antreibt, seine eigene Entwicklung voranzutreiben, aktiv an der Evolution des Lebens mitzuarbeiten.

Pflanzen und Tiere besitzen keine Spiritualität. Sie brauchen keine Spiritualität. Sie sind integrierter Bestandteil der Schöpfung. Sie leben nach den von der "Natur" bestimmten, festgelegten, artspezifischen Verhaltensweisen. Tiere sind in Ihrer Entwicklung abgeschlossen.

Der Entwicklungssprung vom Tier zum Menschen ist nicht die Erfindung des aufrechten Ganges von Säugetieren, ist nicht die Fähigkeit zur Herstellung und zum Gebrauch von Werkzeugen, sondern das Auftauchen der Spiritualität und damit das Auftauchen von Religion.

Im Grenzbereich zwischen Tier und Mensch haben sich einige für das Erscheinen der Spiritualität notwendige Voraussetzungen entwickelt. Auf der Tierseite rudimentär die Möglichkeit zur Selbstbestimmung. "Höhere" Säugetiere können Geschlechtspartner ablehnen, können individuelle Jagdtechniken entwickeln, leben als Einzelgänger und bilden damit die Anfänge von Individualismus heraus. Die Fähigkeit zu lernen auch? Nein, die ganz gewiß nicht. Die Natur selbst lernt sich zu optimieren durch Versuch und Irrtum. Die Fähigkeit zum Lernen ist ein Wesensmerkmal alles Lebendigen. Die Alge lernt aus dem "Hungergefühl" heraus, sich dem Licht zuzuwenden. Viren lernen permanent, sich den veränderten Umweltbedingungen anzupassen, sehr schnell sogar. Das Immunsystem wiederum lernt, etwas langsamer, wie es die neuen Viren eliminieren kann.

Die Fähigkeit, eigene Entscheidungen zu treffen, die Möglichkeit, ein individuelles Verhalten zu entwickeln und die Herausbildung eines Ichs, das ist es, was die Evolution manchen Säugetierarten schon gegeben hat. - Die armen Vögelchen müssen jetzt, im späten Schnee diesen Jahres, mit dem Nestbau beginnen, da gibt die Natur ihnen kein Pardon, da haben sie keine eigenen Entscheidungsmöglichkeiten, den Zeitpunkt ihres Nestbaus selbst zu bestimmen.

Auch die Herausbildung eines eigenen Ichs beginnt schon in den Grenzbereichen zwischen Tier und Mensch. Ja, Tiere, die mit den Menschen in häuslicher Gemeinschaft leben, Tiere, die einen Namen bekommen haben, wissen, dass mit dem Rufen ihres Namens sie gemeint sind, dadurch entsteht das Bewusstsein eines Ichs.

Bevor auf der Menschenseite, bei den Menschentieren in menschlicher Körperform die Entwicklung zum Mensch-Sein beginnen kann, müssen Selbstbestimmung, Individualität, das Ich-Bewusstsein und die Beherrschung der eigenen Triebe einen gewissen, von der Evolution vorherbestimmten Level erreicht haben. Das gilt für die Menschheitsentwicklung insgesamt genauso wie für die Entwicklung der einzelnen Menschenseele.

In unserem Universum, in der Natur, gibt es keinen Zufall. Alles, wirklich alles, läuft nach ganz bestimmten Gesetzmäßigkeiten ab. Alle Prozesse der Physik, der Chemie, der Biologie, der Psychologie sowie aller anderen Bereiche des Lebens, unterliegen bestimmten, festgelegten Gesetzmäßigkeiten.

Einige physikalische und chemische "Naturgesetze" haben die Menschen schon gefunden. Wenn jemand zufällig eines dieser Gesetze entdeckt, wird er gefeiert als hätte er selbst dieses jeweilige Gesetz erfunden und er bekommt dafür den Nobelpreis.

Die Gesetze sind wie ein zwar unsichtbares, aber festes, unverrückbares Gitter, innerhalb dessen alle Vorgänge dieses Universums ablaufen. Wir kennen die meisten Gesetze nicht und müssen das auch nicht unbedingt .Alle Menschen benutzen die Sprache, nur der Linguist kennt die genauen Gesetze der jeweiligen Sprache.

Alles, auch die Evolution funktioniert nach unsichtbaren, unverrückbaren Gesetzen. Die sichtbar gewordene Evolution – das Leben – wird von diesen unsichtbaren, im Geistigen existierenden Gitter der Gesetze gehalten wie die junge Bohne von der Bohnenstange. Dieses nicht materielle, auf der geistigen Ebene existierende Gesetzesgitter, wäre es zweidimensional, hat schon die vollständige Höhe, in die die Evolution noch hineinwachsen muss.

Die Gesetze waren vor der Schöpfung schon da. Das Geistige existiert, auf der Zeitlinie gedacht, vor dem Materiellen. Die materielle Schöpfung hat sich in das Gitter der Gesetze hineinentwickelt, wie Kristalle, die sich aus einer Flüssigkeit heraus ihrer entsprechenden, schon vorher existierenden Kristallstruktur, herauskristallisieren. Die Struktur – das Gitter – die Gesetze – sind die geistige Matrix der Welt.

Sollte die Menschheit sich vorzeitig vollständig eliminieren, bleibt das Gitter erhalten, es existiert genauso, auf der Zeitlinie gedacht, in der Zukunft, als Gitter für die noch zu erfolgende potentielle Entwicklung, oder für eine neue Schöpfung.

Am Beispiel der Ontogenese, der Entwicklung der Lebewesen, ist so ein unsichtbares Gesetz zu beobachten: Die Entwicklung jedes Lebewesens verläuft nach unsichtbaren, vorgegebenen, immer gleich bleibenden Gesetzmäßigkeiten ab. Dieses Gesetz der Ontogenese heißt: jedes "niedrige" , jedes " höhere" Lebewesen beginnt sein Leben als eine einzige Zelle, die sich vervielfältigt und immer komplexere Strukturen bildet, die den Entwicklungsprozess des Lebens, der global Millionen Jahre dauerte, in Tagen oder Monaten in dem jeweiligen Lebewesen nachvollzieht. Immer.

Die Spiritualität, die einzig allein dem Menschen zugehörig ist, die allein den Menschen von allen anderen Lebewesen dieses Planeten unterscheidet, ist nicht bei dem einen Menschen mehr vorhanden, bei dem anderen weniger. Sie ist nicht allein bei den Menschen vorhanden, die religiöse Rituale ausüben oder bei Menschen die sich selbst als spirituell bezeichnen.

Die Spiritualität ist eine Kraft, die in jedem Menschen erscheint, sobald er einen bestimmten Entwicklungsstand erreicht hat. Die Spiritualität ist der Motor für das Streben, ein besserer Mensch zu sein, alles "richtig" zu machen, in den "Himmel zu kommen".

Spiritualität ist das Streben, dem Geistigen näher zu kommen. Dieses Streben ist ein Prozess, der nach festgelegten, für alle Menschen gleich gültigen Gesetzmäßigkeiten abläuft, für die Menschheit in ihrer Gesamtentwicklung, genauso wie für das einzelne Individuum.

Wenn eine Menschenseele ihre Triebhaftigkeit, speziell den Sexualtrieb, unter Kontrolle hat oder in gesellschaftlich festgelegten Regeln auslebt, wenn eine Gruppe von Menschen oder ein Einzelner sich seiner Einmaligkeit bewusst geworden ist, wenn die Gruppe oder das Individuum durch einen eigenen Namen von allen anderen unterscheidbar geworden ist, wird zwangsläufig und immer die Frage nach einem Gott auftauchen, das ist der Beginn des aktiv gewordenen ersten Entwicklungsschrittes auf dem Weg zum Menschsein.

Menschen, die sich in einer Lebenskrise befinden, die das Gefühl haben, alles verloren zu haben, die völlig auf sich selbst zurückgeworfen sind, die zurück geworfen sind auf das Grundgerüst "Mensch" werden in dieser Situation immer mit der Spiritualität und damit mit der Frage nach Gott in Kontakt kommen und oft ihr Leben in völlig andere Bahnen lenken. Sie haben durch eine scheinbar negative Erfahrung einen großen Entwicklungsschritt getan.

Die Religionen, die vergangenen und die bestehenden, lehren uns, wie weit die Entwicklung der Spiritualität, und damit die Entwicklung zum Menschsein, in dieser Welt inzwischen fortgeschritten ist. Sie lehren uns, was der einzelne Mensch zu tun hat, um auf den bis jetzt maximal möglichen Stand der Dinge in Sachen Spiritualität zu gelangen und damit den maximal möglichen Entwicklungsstand zum Mensch-Sein zu erreichen.

In der Reihenfolge der entstandenen Religionen ist das Fortschreiten der Entwicklung der Spiritualität abzulesen. Diese, nach unsichtbaren Gesetzmäßigkeiten verlaufende Entwicklung der Spiritualität, ist ein Beispiel dafür, wie auch die spirituelle Entwicklung eines einzelnen Menschen verlaufen sollte. Gäbe es einen Unterricht im Fach Spiritualität, müssten die Klassen dieser spirituellen Schule inhaltlich und in der Reihenfolge den entstandenen Religionen entsprechen, um die maximale Förderung der Schüler zu bewirken.

Solche Lebensschulen gab es zum Beispiel in alter ägyptischer und griechischer Zeit, das waren die an die Tempel angeschlossenen Mysterienschulen. Die Schulen und der Unterrichtsinhalt waren vor der Allgemeinheit verborgen, geheim gehalten. Es gab strenge Aufnahmeprüfungen, es gab immer wieder Zwischenprüfungen, bevor die nächste "Klasse" besucht werden durfte. Die Geheimhaltung war notwendig, weil mit dem erweiterten Wissen ein höherer Entwicklungsstand erreicht wurde, der eine größere menschliche Kompetenz mit sich brachte und damit als Folge, eine größere Verantwortung von den Schülern verlangt wurde. Eine Verantwortung, die nötig war, weil das größere Wissen ein verantwortungsbewussteres Handeln verlangt, das wiederum eine größere menschliche Reife verlangt. Die Geheimhaltung war notwendig, um unreife Menschen vor sich selbst zu schützen. Umgekehrt stand jedem Suchenden jederzeit der Weg zur Aufnahmeprüfung offen. Diese damaligen Schulen waren Institutionen, in den der schon entwicklungstechnisch vorhandene Entwicklungsstand der Menschheit schriftlich und mündlich, in symbolischer Form, in Form von Ritualen und Verhaltensanleitungen bewahrt und weiter gegeben wurde.

Wenn auch die Menschheit ihre eigene Entwicklung selbst mitbewirken muss, ist sie doch bei dieser Aufgabe nicht völlig auf sich allein gestellt. Die Evolution hat der Menschheit auf ihrem Weg zur Menschwerdung viele Helfer zur Seite gestellt. Der Lehrer sollte immer mindestens einen kleinen Schritt weiter als der Schüler sein, so gibt es immer einen kleinen Prozentsatz von Menschen, die ihren Menschengeschwistern in der Entwicklung voraus sind. Diese sind, ohne dass sie etwas Besonders tun, einfach durch ihr Dasein, durch ihr Leben, Lehrer, Entwicklungshelfer der Menschen. Darüber hinaus gibt es viele Arten von Menschenlehren, von Evolutionshelfern. Einige sind der Menschheit bekannt, andere nicht.

Wenn das Menschen-Tier seine Entwicklung zum Menschen vervollkommnet hat, hört die Evolution noch immer nicht auf. Wenn der Mensch erkannt hat, dass die Menschheit eine einzige große Familie ist, wenn der Mensch seine wahren menschlichen Eigenschaften entwickelt hat, wie Toleranz, Nächstenliebe, die Liebe zur Natur und zur gesamten Schöpfung, wenn er in der Prämisse von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit lebt, geht seine Entwicklung weiter, ein geistiges Wesen zu werden.

Der Mensch, auch der wirklich voll entwickelte Mensch, ist keinesfalls die Krone der Schöpfung. Es gibt über ihm viel weiter entwickelte Lebewesen, die unter anderem auch Geburtshelfer für den Menschen sind.

Die geistigen Welten und ihre Bewohner sind eine objektive Realität. Seit den Anfängen der Menschheit als Botschafter, als Engel bekannt. Sie treten in Erscheinung in Form von Ideen, Erkenntnissen, Visionen. Sie zeigen sich als sichtbar wahrnehmbare Erscheinungen, sie erscheinen manchmal in Menschengestalt, sie inkarnieren manchmal. Sie sind immer da, sie begleiten die Menschheit. In tiefer Meditation ist ihre Existenzebene manchmal zu erreichen, eine Zone "oberhalb" der Ebene der Polarität. Engel sind beteiligt, wenn große Entwicklungsschritte der Menschheit vollzogen werden, Engel sind Initiatoren und Geburtshelfer der Religionen. Sie sind spirituelle Begleiter und Lehrer der Menschen.

Religion, die Rück-Bindung an die Quelle, trat in die Welt, als die Menschen lange genug die Heiligkeit, die Göttlichkeit der sichtbaren Schöpfung verehrt hatten, als die Menschen reif genug waren, das Wunder der Geburt als einen Akt einer höheren Macht anzusehen. Die Spiritualität hatte ein Objekt gefunden, dem sie sich zuwenden konnte. Die Menschen konnten der Spiritualität eine Richtung geben, zur großen Mutter, zur Allgebärerin, zur großen universellen Schöpfergöttin. Der erste spirituelle Archetyp manifestierte sich in der Welt: Die Mutter mit dem Kind.

Wenn die Heiligkeit der Natur, die Göttlichkeit des Weiblichen verinnerlicht ist, eine mystische Erfahrung für den Menschen geworden ist, kann der nächste spirituelle Archetyp, der ewige Wanderer, der sich unterwegs zum himmlischen Jerusalem befindet, erscheinen. Aus dem Land der Mütter, aus Ana Dolu, aus Anatolien, das vom Norden der Türkei bis zum Irak reichte, machte sich Abraham, der Nomade, auf den Weg ins unbekannte Land der Väter. Die Frage nach einem Gott konnte formuliert werden.

Die Evolution gibt dem Fragesteller, sei es eine Gruppe, ein Volk oder ein einzelner Mensch, immer die Erfahrung einer persönlichen, direkten, göttlichen Antwort. Der Fragesteller erfährt in sich "meinen Gott". Immer wird er in seinem Lebensumfeld, außerhalb von sich, die Zeichen, die Botschaften, die Antworten "seines Gottes" finden. Immer wird die Entwicklung der Spiritualität an dieser Stelle verlangen, den "rechten Weg" zu gehen.

Gespeist vom Ego des Menschen ist hier die Stelle, an der religiöser Fanatismus entsteht. Wenn eine Gruppe von Menschen, eine völkische Gemeinschaft, sich gemeinsam auf die Gottessuche macht, werden Religionen, Sekten und immer weitere Abspaltungen entstehen, weil der "rechte Weg" von den Menschen immer wieder neu definiert werden wird.

Die Religion Abrahams und seines Volkes, die sich aus der geistigen Matrix heraus kristallisierte, beantwortet die Frage nach Gott wieder und wieder.

Ich bin dein Gott, der Gott der Gesetze, der Gott der Polarität, ein persönlicher Gott, ein liebender Vater, ich bin der Schöpfer und erste Ursache der Welt. Ich bin der, der ich bin, ich bin unverändert der, der ich immer war und immer sein werde .

Ich bin der Gesetzgeber und ich bin die Gesetze. Die "göttlichen", die ewigen, die im Geistigen schon vor Beginn der Welt und in alle Ewigkeit bestehenden unsichtbaren Gesetzmäßigkeiten, das Gitter der unsichtbaren Gesetze, das den Lauf der Welt regelt. Das unsichtbare, geistige Gesetz, das einer Rose zum Beispiel vorgibt, sich genau einer Rose entsprechend zu entwickeln, das den in Flüssigkeit gelösten Kristallen befielt, sich genau entsprechend ihrer unsichtbaren Kristallstruktur heraus zu kristallisieren.

Solange sich Menschen innerhalb dieses geistigen Gitters der Gesetzmäßigkeiten bewegen, läuft alles "rund", weitere Entwicklung ist möglich.

Wenn Menschen, ihrer menschlichen Kompetenz entsprechend, gegen die göttlichen Gesetze verstoßen, zum Beispiel gegen die Naturgesetze, werden sie zwangsläufig, irgendwann, nicht unbedingt sofort, schmerzhaft ihre grenzüberschreitende, ihre die göttlichen Gesetze überschreitende Kompetenz verlieren.

Das Gitter der unsichtbaren Gesetze ist elastisch, dehnbar, aber bei Überschreiten einer gewissen Grenze folgt zwangsläufig Stagnation und Zusammenbruch. Die Dehnbarkeit dieses unsichtbaren Gitters ermöglicht es, Erfahrungen zu machen, Erfahrungen, die die Möglichkeit zur Unterscheidung zwischen dem "rechten" und dem "falschen" Weg lehren.

Eines dieser göttlichen, ewigen, und absoluten Gesetze ist das Gesetz von Ursache und Wirkung. Es ist auch bekannt als das Gesetz des Karma. Auge um Auge, Zahn um Zahn, ist eine sehr vereinfachte Interpretation dieses sehr komplizierten Gesetzes von Ursache und Wirkung. Die Wirkung der gesetzten Ursache entspricht nicht unbedingt der Ursache selbst. Die göttliche Genehmigung für die Blutrache aus diesem Gesetz abzuleiten, führt auf den Weg der Vernichtung. Ursache und Wirkung steigern sich in diesem Fall bis zum Völkermord.

An andere Stelle der Welt interpretieren Menschen dieses Gesetz des Karma völlig entgegengesetzt. Sie verfielen in völlige Apathie, in Fatalismus, in Handlungsunfähigkeit. Im indisch-asiatischen Raum entstand die religiöse Meinung, um kein Karma, vor allem kein negatives, zu erzeugen, ist es sinnvoll, das Handeln völlig aufzugeben, das Leben ohne Eigeninitiative, ohne aktives, selbst bestimmtes Handeln zu leben.

Das Gesetz des Karma, das Gesetz von Ursache und Wirkung, wirkt auf allen Ebenen der Existenz, auf der geistigen, wie auch genauso auf der konkret materiellen oder der menschlichen Ebene. Es wirkt unabhängig vom religiösen Kontext, es wirkt überall und immer, in allen Bereichen, auf allen Ebenen dieses Universums. Niemand kann diesem Gesetz durch nichts, nicht einmal durch Nichthandeln entgehen.

Der empfehlenswerteste Umgang mit diesem Gesetz ist es, die Wirkungen – die Fakten – zu betrachten und die Ursachen, die zu den entsprechenden Fakten geführt haben, zu ergründen und umgekehrt, die zu setzenden Ursachen – die Handlungen auf materieller, emotionaler, geistiger und sozialer Ebene, wie ein Schachspieler, im voraus auf ihre eventuelle Wirkung zu überprüfen, um das Handeln, Fühlen, Denken zu steuern, um möglichst die genau beabsichtigte Wirkung zu erzielen. Wirkungen, Bedingungen, Sachzwänge, Fakten entstehen nicht zufällig aus dem luftleeren Raum heraus.

Aus der Apathie des Nicht-Handelns heraus, gewissermaßen aus dem lang anhaltenden Meditationszustandes ganzer Völker, materialisierte sich ein weiterer spiritueller Archetyp heraus: Der Erleuchtete, der Archetyp des goldenen, leuchtenden, ewigen, inneren Selbst, das sich in der konkreten Gestalt des Siddhartha Gautama, des Buddha, des Erleuchteten, kulminierte.

Dieser Archetyp gab eine gleichzeitig sehr konkrete und gleichzeitig eine völlig unkonkrete Anleitung, wie der Mensch dem Leiden, dem Leiden an seiner Existenz, dem Leiden am Leben entkommen kann. Buddha zeigte den Weg aus dem Leiden, er empfahl den Menschen, den achtgliedrigen Pfad zu gehen, nämlich den Pfad, der heißt: rechtes Glauben, rechtes Entschließen, rechtes Wort, rechte Tat, rechtes Leben, rechtes Streben, rechtes Denken, rechtes Sichversenken.

Was das jeweils Rechte ist, muss jeder Mensch selbst herausfinden, unter anderem dadurch, das er in die tiefe innere Versenkung geht, in die Meditation, in seine innere Mitte, und dort wird das Prinzip des Buddha, das innere goldene Selbst, alle Antworten geben.

Weil der Archetyp des Erleuchteten ein individueller ist, entstand hier keine allgemein gültige Religion, statt dessen bildeten sich religiöse Gruppen und Grüppchen von Menschen, die, ihrem Entwicklungsstand entsprechend, ihrem Ego entsprechend, Anleitungen für den rechten Weg gaben.

Menschen deklarierten sich selbst zum Erleuchteten, erhoben sich in den Stand von Gurus und ihre Anhänger ließen sich von ihren Gurus, von ihren Führen, ihrer alleinigen religiösen Autorität, auf den "richtigen" Weg schicken.

Ein wenig zur Seite geschaut, nach China, würde helfen, den "richtigen" Weg ein wenig deutlicher zu machen. Dort gibt es das Tao, das heißt : "Der Weg". Der Weg, der gleichzeitig ein Synonym ist für "Das Ziel".

Dieser Weg wird begrenzt und besteht aus dem Ying und dem Yang, das sind die Gegensätze der Welt, der Polarität. Die Polarität ist das erste Grundgesetz dieses Universums. Der Weg ist der Lebensweg, der in diesen Universum der Polaritäten gegangen werden muss.

Das Ziel ist es, so zu handeln, so zu leben, das die Energie der Polarität, die Kraft des Ausgleichs, die Kraft der Bindungskräfte zwischen Ying und Yang, die das Gesetz der Polarität in Bewegung hält, möglichst gering zu halten, ohne das Handeln aufzugeben und doch gleichzeitig entsprechend der persönlichen Meinung von "richtig" zu handeln.

Das Ziel ist es, aufzuhören zu polarisieren, auf die Wertung zu verzichten, alles als gleichberechtigt, als gleichwertig, als gleich notwendig anzusehen.

Das Gesetz der Polarität ist eine der stärksten, dichtesten, starresten Linien des geistigen Gitters der göttlichen Gesetzmäßigkeiten. Die Polarität ist ein grundsätzliches Prinzip in diesen Universum. Ohne die Bindung zwischen Ying und Yang, zwischen Plus und Minus, zwischen Ursache und Wirkung, würde die Welt auseinander fallen.

Als die Evolution das Korsett der Religion von Abrahams Volk weit genug gelockert hatte, als genug Menschen weit genug entwickelt waren den nächsten Entwicklungsschritt zu gehen, konnte die Geburt eines Christos, eines Erlösers, stattfinden. Der spirituelle Archetyp "Der Erlöser" erschien auf der Bildfläche des Lebens, er ist im Unterbewusstsein der Menschen gespeichert, er wird von der Mehrheit der Menschheit aber ausschließlich in der Zukunft erwartet.

Nur wenige Menschen erkennen den Archetyp des Erlösers, wenn er erscheint, nur die Menschen, die reif genug sind, selbst den nächsten Entwicklungsschritt zu gehen, der nach dem Erscheinen des Erlösers ansteht.

Der Erlöser taucht auf, wenn der Entwicklungsweg der Menschheit eine grundsätzlich andere Richtung einnehmen muss, sei es, weil der bisher eingeschlagene Weg zwar der richtige ist, aber durch extremen Konservatismus zur Stagnation und damit zum Stillstand der Entwicklung geführt hatte, sei es, weil eine neue Ebene der Evolution erreicht werden soll, was dann geschieht, zwingend nach den Gesetzmäßigkeiten der Evolution, wenn eine gewisse Anzahl von Individuen die bis dahin mögliche Entwicklung abgeschlossen haben.

Ein Erkennungsmerkmal dieses Archetyps ist seine Verankerung in der Liebe, in der allumfassenden, ewigen, göttlichen, absoluten Liebe. In der Person des Jesus von Nazareth erschien der Erlöser in seiner vollsten Ausprägung. Durch sein persönliches Leben und Sterben und viele bildhafte Metaphern zeigte er auf, in welche Richtung der weitere Entwicklungsweg der Menschheit geht.

In einem einzigen Wort lässt sich Botschaft des Christos ausdrücken, ein Wort, das gleichzeitig eine Forderung ist, das ein Ziel beschreibt für den heute maximal erreichbaren Entwicklungsstand: "Freiheit".

Umfassende Solidarität, selbstverantwortete Selbstbestimmung, wahrhafte Toleranz sind die weiteren richtungsgebenden Schlüsselwörter. Freiheit zu erlangen durch persönliche, individuelle Selbstbestimmung in der strikten Berücksichtigung der Gesetze des Lebens.

"Ich bin gekommen, die Gesetze zu erfüllen". "Zur Freiheit hat uns Christus befreit".

Mit der Natur zu leben, für das Leben zu leben, die Gesetze des Lebens bis auf den Punkt erfüllen, das ist die Vorgabe.

Ein "göttliches", ein kosmisches Bewusstsein zu entwickeln, ein geistiges Wesen zu sein, ein "wahrer Mensch" zu sein ist das vorgegebene und von Jesus vorgelebte Ziel.

Begleitend zum "Christusweg" , den die Evolution von jedem Menschen fordert zu gehen, ist den Menschen der Islam gegeben. Islam, das heißt übersetzt: Frieden. Frieden, den jedes Volk, die ganze Menschheit, jeder Mensch für sich selbst wie auch für die Mitmenschen erreichen kann, wenn das Leben nach der im Islam geforderten friedfertigen Haltung gelebt werden würde. Der Islam ist der Menschheit gegeben zur Erinnerung und zur Ermahnung, dass nichts außerhalb von Gott existiert, dass es nichts außer Gott gibt, dass alles, was existiert, Gott ist.

Durch die Kraft der Evolution, durch die Möglichkeit, eigene Entscheidungen zu treffen, wenden sich die Menschen allerdings nicht allein der realen göttlichen geistigen Kraft zu, sie erschaffen sich selbst Götter, die ihrem jeweiligen Idealbild entsprechen. Die Menschen statten ihre Götter mit selbsterfundenen Gesetzen, Regeln, Forderungen aus, die sie selbst dann im Rahmen von Religionen erfüllen müssen. Oft gibt es eine menschliche Entsprechung des jeweiligen Gottes, ein Staatsoberhaupt oder den an der Spitze stehenden Menschen der jeweiligen Religion.

Doch auch anfangs in der Menschheitsentwicklung wurden die Erscheinungen der Natur als das Wirken von Göttern angesehen. Die Vorgänge der Natur, die Vorgänge des Lebens, die außerhalb der menschlichen Kompetenz wirken, wurden als von personifizierten Göttern verursacht angesehen. Je mehr die Menschen selbst die Vorgänge der Natur verstehen und steuern können, treten ihre Götter in den Hintergrund, lösen sich auf. Für das, was der Mensch selbst kann, braucht er keinen Gott mehr, so denkt er. Die selbsterzeugten Naturphänomene, das Beherrschen der Naturgesetze, macht einen wirkenden Gott für diesen Bereich überflüssig, denkt der "aufgeklärte" Mensch.

Die Kraft der Evolution, die im Menschen durch sie Spiritualität auf den Menschen und im Menschen wirkt, zwingt den Menschen, ohne dass er es direkt bemerkt, sich weiterzuentwickeln. Verehrung und Hinwendung an Götter, an einen Gott oder eine Göttin, das seelische und bewusstseinsmäßige Verschmelzen mit diesen göttlichen Instanzen erzeugte Bewusstseinserweiterung und damit die Erweiterung der gesamten menschlichen Kompetenz. Die den Göttern zugeordneten Kräfte und Fähigkeiten werden menschliche Fähigkeiten. Die Menschen entwickeln neue Eigenschaften und Fähigkeiten. Götter werden entthront, institutionalisierte Religionen werden in Frage gestellt. Sie werden überflüssig.

Hier ist der Mensch in Gefahr, den Weg zu seiner weiteren Entwicklung zu verlassen, trotz seines technischen Fortschritts und seiner Fähigkeiten besteht die Gefahr, seine weitere Entwicklung zu blockieren. Er vergisst, dass hinter all seiner Kompetenz doch immer noch eine wirkende Gotteskraft existiert, gleichwie ob man es "die Natur" oder "der Kosmos" oder "kosmische Intelligenz" oder sonst wie nennen mag.

Selbst wie Gott sein zu wollen ist der Ausgangspunkt für die eigene Zerstörung, das gilt für den einzelnen Menschen genauso wie für Menschengruppen. Die unsichtbaren, göttlichen Gesetzte wirken, ob man es glaubt oder nicht, ob man sie kennt oder nicht. Niemand kann ihnen entgehen.

Doch die Evolution arbeitet weiter. Die Spiritualität hat den Menschen auf einen Weg geschickt, den er nicht mehr verlassen kann. Das Stück des Entwicklungsweges, den die Menschheit aktuell gehen kann, kann man als "Christusweg" bezeichnen.

Jeder Mensch, völlig unabhängig von seiner religiösen Anbindung, kann dieses Wegstück auf dem Weg der Entwicklung zu gehen, jetzt, oder, wenn er den entsprechenden Entwicklungsstand erreicht hat.

Die Überschrift dieses Weges heißt "Freiheit". Die Forderung der Evolution für diesen Wegabschnitt ist es, sich so weit wie möglich von allen Abhängigkeiten und Zwängen zu befreien, von inneren genauso wie von äußeren. Es geht darum, die größtmögliche persönliche Kompetenz zu entwickeln. Der Mensch soll sich zu einem selbstverantwortlichen Individuum entwickeln mit einem persönlichen Glauben und einem persönlichen Gott.

Was oder wen der Mensch allerdings zu seinem Gott erhebt, ist seiner freien Entscheidung überlassen.

Da die Spiritualität eine fordernde zwingende Kraft ist, wird jeder Mensch, der das Tor zur persönlichen Freiheit erreicht hat, sich auch zwingend einem persönlichen Gott zuwenden. Dieser Gott kann alles sein, was der jeweilige Mensch als seinen Gott ansehen möchte: die Drogen seines Lebens, das Geld, die Wissenschaft, ein andere Mensch, er selbst, konkrete materielle Dinge oder geistige Prinzipien.

Je nachdem, welchem Gott sich der Mensch zugewandt hat, wird er hinter dem Tor zur persönlichen Freiheit den Himmel oder die Hölle finden, die sein Gott bewohnt.